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Junger BLLV in Unterfranken

Lehrprobe ohne Schüler*innen?!

Wie gestaltet sich das zweite Staatsexamen in Zeiten von Corona?

Wir haben nachgefragt...

Die aktuelle Corona-Krise stellt an alle Lehrer*innen besondere Anforderungen, insbesondere auch an die Referendar*innen. Dieses Jahr ist alles anders: wochenlanges Homeoffice anstatt Sammeln  von Unterrichtserfahrungen, Seminartage per Zoom-Meeting und noch nie dagewesene Prüfungsmodalitäten.

Jens Gehring  ist Lehramtsanwärter im zweiten Jahr an einer Grundschule im Landkreis Würzburg und empfand, wie auch seine Seminarkolleginnen und Kollegen, die neuen Aufgabengebiete und die Planungsunsicherheit als große Herausforderung. Mit einem Mal wurden durch Corona im Referendariat, welches von jeher schon von großen Herausforderungen und Anspannungen  geprägt ist, neue Parameter erschaffen. Die bisherigen Strukturen und Vorgaben für die Prüflinge veränderten sich mit der neuen Situation und daraus entstanden neue Fragestellungen. Werden die Lehrproben wie gewohnt, abgewandelt oder überhaupt stattfinden? Gehring selbst konnte seine Einzellehrprobe noch in gewohnter Manier regulär durchziehen, ein Vorteil, den nicht mehr alle Lehramtsanwärter und Anwärterinnen genießen konnten. Seine Doppellehrprobe empfand er als eine Art „Ausstellung“ seiner beiden Unterrichtsstunden. Die Schwerpunkte des Stundenverlaufs wurden unter Einbezug des Tafelbildes und der vorbereiteten Methoden dargestellt und die methodisch-didaktischen Überlegungen begründet. Solch ein Prüfungsgespräch eröffnet Möglichkeiten wesentliche Faktoren einer guten Lehrerpersönlichkeit  zu präsentieren, wie zum Beispiel die Fähigkeit zur Gesprächsführung. Und dennoch: Ohne Schüler*innen  ist auch die beste Unterrichtsstunde eben  nur ein theoretisches Konstrukt. Unterricht lebt von der Interaktion von Lehrer*innen und Schüler*innen und es stellt sich einem zu Recht die Frage, ob auch die beste Lehrerpersönlichkeit von den Prüfern als solch eine wahrgenommen werden kann, wenn sie den Prüfling in diesem aktuellen Prüfungsformat noch nicht im leibhaftigen Umgang mit den Schüler*innen erlebt haben. Zudem mag auch die hervorragendste Präsentation nicht zwingend aufzeigen, wie sehr und wie tief man tatsächlich in der Stunde verwurzelt ist.
In Zeiten von Corona ist Digitalisierung mehr als jemals zuvor Thema und das spüren auch die Junglehrer deutlich. Gerade jetzt sind sie besonders stark eingebunden und können durch ihr Wissen wertvolle Impulse liefern und zu einem intensiven Austausch unter Kollegen während des Homeschoolings beitragen.
Überhaupt ist es der intensive Austausch, den Jens Gehring in dieser Zeit als besonders positiv empfindet. Damit ist nicht allein der Austausch unter Kollegen gemeint, auch die Elternarbeit wurde durch die Zeit des Lernens Zuhause  auf eine neue Ebene gehoben. Der Austausch sei intensiver geworden, so Gehring, die Eltern haben sich stärker eingebracht, man habe von einander profitiert und er habe während dieser Zeit sehr viel Wertschätzung erfahren, viele Eltern sähen durchaus, was wir Lehrer unter diesen schwierigen Bedingungen leisten und sind dafür dankbar.
Trotz allen Unsicherheiten und neuen Anforderungen konnten die Lehramtsanwärterinnen und Anwärter demnach auch viel Positives aus dieser Zeit mitnehmen und hoffen wie wir alle darauf, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Für Jens Gehring endet seine Lehramtsanwärterzeit  mit diesem Schuljahr und wie für viele Seminaristen steht auch für ihn wahrscheinlich ein Wechsel nach Oberbayern an. Damit eröffnen sich neue Fragestellungen bezüglich seiner Klasse, die nächstes Jahr eine vierte Klasse sein wird und den Übertritt bewältigen muss. Auch das neue Schuljahr wird vermutlich nicht wie gewohnt starten, neue Herausforderungen werden uns begleiten. Viele Schüler*innen, die dieses Schuljahr wahrhaft schon genug Herausforderungen bewältigen mussten, müssen sich im nächsten Schuljahr nun auch noch auf eine neue Klassenleitung einstellen. Inwieweit aber kann eine neue Klassenleitung wirklich an das anknüpfen, was im Homeschooling geleistet wurde? Kann durch den Wegfall ein fairer Übertritt wie ihn der BLLV fordert tatsächlich erfolgen? Solche Fragen bleiben und werden uns weiterhin beschäftigen. Auch für die jetzigen Erstjährigen müssen laut Jens Gehring unbedingt sinnvolle Lösungen geschaffen werden und so viel Transparenz wie nur möglich in diesen Zeiten geschaffen werden. Welche Anforderungen werden an eine Lehrkraft gestellt, die erstmal nur Frontalunterricht wird abhalten können? Inwieweit gefährdet der Wegfall oder die rein theoretische Durchführung von Unterrichtsbesuche auf eine Lehrprobe vor? Die Hoffnung und die Forderung vom Gehring und vom Jungen BLLV ist es, dass die zweite Phase der Lehrerausbildung nicht zu Lasten des zunehmenden Lehrermangels leidet. So darf zum Beispiel eine Reduzierung der Ausbildung auf nur einen Seminartag in der Woche auf keinen Fall erfolgen. Das die Qualität der Lehrerausbildung bestehen bleibt, war und ist auch in diesen Zeiten ein besonderes Anliegen des Jungen BLLVs und er wird sich auch in Zukunft mit Nachdruck dafür einsetzen.

Sandra Hinrichsen