Stimmen der Zukunft: Im Gespräch mit jungen Parteien

Noch nie spielte das Thema Bildung in der Politik eine so große Rolle wie in der heutigen Zeit. Im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl in Bayern, luden wir, die Studierenden und Junglehrkräfte im BLLV, alle demokratischen jungen Regierungsparteien zu offenen Gesprächen auf Augenhöhe ein. Über den Zeitraum vom 29. März bis zum 13. Juni 2023 fanden sowohl persönlich als auch digital insgesamt fünf sehr konstruktive Begegnungen statt. Dabei lag uns der bildungspolitische Austausch ebenso am Herzen, wie das persönliche Kennenlernen.

GRÜNE JUGEND Bayern

Wir luden ein zum Gespräch mit Katharina Sparrer und Eva Konen, den beiden Sprecherinnen des Landesvorstands der Grünen Jugend Bayern. Beide studieren selbst Sonderpädagogik  Lehramt und Grundschullehramt:

Die GRÜNE JUGEND Bayern sähe das Bildungssystem an einem entscheidenden Wendepunkt, so unsere Gesprächspartnerinnen. Das bayerische Schulsystem weise mannigfaltige Problemlagen auf, die nicht durch kurzfristige Maßnahmen gelöst werden können. Nach Ansicht der GRÜNEN JUGEND Bayern bedarf es stattdessen umfassende Änderungen im System.

Zudem sollten unsere Schulen immer vielfältigere Themenbereiche abdecken, sei es Inklusion, Hochbegabungsförderung oder der Anspruch nach Individualismus. Ironischerweise gerieten diese wichtigen Anliegen jedoch in Verruf, da diesen, im strukturell mangelhaften Schulsystem, nicht nachgegangen werden könne, was bei Lehrkräften zu Überforderung führe.  

Die Idee von multiprofessionellen Teams, die in der Bildung tätig seien, erscheine als äußerst erstrebenswert. Doch hier tauche die drängende Frage auf: Woher sollten die benötigten Kräfte kommen, besonders angesichts des bestehenden Mangels an Lehr- und Fachkräften? Die gegenwärtige Politik des Sparzwangs in der Bildung werde unausweichliche negative Auswirkungen auf die Zukunft haben.

Eine nachhaltige und praxisnahe Neugestaltung des Lehramtsstudiums sei dringend geboten, um zukünftige Pädagog*innen wirklich auf die Herausforderungen des Berufs vorzubereiten. Bildung solle eine Chance für alle sein, unabhängig von finanziellen Möglichkeiten. Gleichzeitig sollten Kompetenzen und Fähigkeiten als zentrale Lernziele in den Fokus rücken, um den Bedürfnissen der sich wandelnden Welt gerecht zu werden. Es sei an der Zeit, dass Schule nicht nur Wissen vermittle, sondern auch die Werkzeuge liefere, um in der komplexen Gesellschaft erfolgreich zu agieren und individuelle Potenziale zu entfalten. Die Landessprecherinnen kritisierten zudem den Druck, der im Schulsystem entstehe, da soziale Ungleichheiten über schulische Leistungen legitimiert würden.

 

Junge Freie Wähler Bayern

Wir luden ein zum Gespräch mit Felix Locke, dem Bundesvorsitzenden der Jungen Freien Wähler, Vater von zwei Kindern, Sohn eines Lehrers:

Die Jungen Freien Wähler Bayern sähen die Notwendigkeit, das traditionelle Bildungssystem in die moderne Welt zu überführen und Lehrkräfte mit zusätzlichen Fähigkeiten wie z. B. Lebenswelterfahrung, Alltagshilfe, Ernährung und digitalem Wissen schon in der Ausbildung auszustatten. Gleichzeitig müsste der Praxisbezug in der Lehramtsausbildung gestärkt und an die Realität des Berufs angepasst werden, so Locke.

Im Gespräch betonte er außerdem die Wichtigkeit des Austauschs mit Verbänden, um verschiedene Perspektiven zu hören und fundierte Entscheidungen zu treffen. Eine Umfrage z.B. zum Thema Mittelschule würde als relevant erachtet, um herauszufinden, warum diese Schulart sowohl bei Schüler*innen als auch bei potenziellen Lehrkräften an Attraktivität verliere und wie diese wieder gestärkt werden könne.

Die Frage, wie viel die Bildung der Kinder uns wert sei, sähe Locke als zukünftig entscheidend.

Junge Liberale Bayern

Wir luden ein zum Gespräch mit Felix Mayer, dem Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen Bayern. Er ist Jurist und durchlief daher selbst das Staatsexamen:

Laut den Jungen Liberalen würden selbstbestimmte, eigenverantwortliche Menschen gute Bildung benötigen.

Die Lehrkräfte müssten besser und vor allem langfristig ausgebildet werden. Es bedürfe mehr Praxis in der Ausbildung und das Lehramt solle generell wieder attraktiver werden, um auch den guten Ruf in der Gesellschaft wieder herzustellen.

Es müsste auch in der Bildung Wettbewerb geben dürfen, wobei insbesondere Talentschulen eine wichtige Rolle spielen, so Mayer. Ebenso sei es von Bedeutung, gezielt in Brennpunktschulen zu investieren und ihnen angemessene Ressourcen zuzuführen, denn ein Bildungssystem könne erst dann als erfolgreich angesehen werden, wenn es Gerechtigkeit gewährleiste.

Generell setzten die Jungen Liberalen auf die Eigenverantwortung der Schulen, denn diese wüssten am besten, was vor Ort wirklich gebraucht werde. Das Budget sollte hierbei an den Schüler*innenzahlen bemessen werden. Auch benötigten Schulen eigenes Personal für IT und Verwaltung.

Junge Union Bayern

Wir luden ein zum Gespräch mit Christian Doleschal, dem Landesvorsitzenden der Jungen Union Bayern, selbst Vater und Jurist und Dr. Ludwig Lenzgeiger, dem Vorsitzenden des Fachausschusses für Bildung und Forschung, welcher sich seit zwei Jahren im gymnasialen Schuldienst befindet:

Die Junge Union Bayern sieht im Bildungssystem verschiedene Herausforderungen wie Entbürokratisierung, Digitalisierung und Lehrkräfteversorgung. Insbesondere solle das oftmals aufwendige Mikromanagement vermieden werden, um mehr Zeit für Schüler*innen zu schaffen, so Doleschal.

Das bayerische Schulsystem sei bereits auf einem guten Niveau, an dem angeknüpft werden könne, es gäbe aber natürlich stets Verbesserungspotenzial.

Die Junge Union Bayern plädiert für eine hochwertige Lehrkräftebildung mit hohem fachlichem Anspruch, stärkerer Verknüpfung von Theorie und Praxis und eine Ausbildung mit der Möglichkeit, auch die anderen Schularten kennenzulernen, z. B. durch verpflichtende Praktika.

Sie erachteten den Beruf etwa aufgrund des Beamtentums als äußerst attraktiv, aber sehen auch klar die großen Herausforderungen für die Lehrerinnen und Lehrer. Einen Grund, warum vergleichsweise wenige junge Menschen den Weg in den Lehrberuf wählen, sieht sie darin, dass der Beruf vielfach kritisiert wird und durch gesellschaftliche Ansprüche zunehmend überladen wird. Gleichzeitig stellte sich für die Junge Union die Frage, ob A13 auch für Grund- und Mittelschullehrkräfte wirklich der "Gamechanger" in der Lehrkräfteversorgung ist.

Jungsozialist*innen Bayern

Wir luden ein zum Gespräch mit David Mandrella, dem Sprecher für Bildung der Jungsozialist*innen Bayern. Er studiert selbst Realschullehramt:

Die Jungsozialist*innen Bayern fordern eine Umstellung des bisherigen Ausbildungssystems hin zu einem BA/MA-System, mit einer gemeinsamen Ausbildungsphase zu Beginn und so viel Praxis wie möglich, so Mandrellas Statement.

Den Lehrkräftemangel erachten die Jusos als "Versagen mit Ansage" und betonen in diesem Zusammenhang, wie wichtig eine bessere Ausbildung der Lehrkräfte sei, um den Beruf auch wieder attraktiver zu gestalten und ihm in der Gesellschaft mehr Ansehen zu verleihen. Außerdem sollten Lehrkräfte z. B. bei Themen wie Bürokratie, Verwaltung, Technik oder IT vor Ort entlastet werden. Auch wird das Teilzeitverbot kritisch abgelehnt.

Laut Mandrella setzen sich die Jusos für Bildungsgerechtigkeit ein, welche insbesondere schon bei einer frühkindlichen Förderung beginnen müsse. Lernprozesse, die im familiären Umfeld geschehen, seien ungleich, daher müssten die Institutionen diese entsprechend ausgleichen. Obwohl ein rechtlicher Anspruch auf Ganztagsschulen bestünde, den man voll und ganz unterstütze, hebt Mandrella die Besorgnis hervor, dass ein Mangel an qualifiziertem Personal eine Herausforderung darstellen könne. Eine stärkere staatliche Zuständigkeit für Bildung würde angestrebt, um regionale Unterschiede zu reduzieren. Die Einführung von A13 für alle Schularten erachten die Jusos als selbstverständlich.