
Wir fordern mehr Fairness für unseren Berufsstart!
Eines wollen wir zu Beginn feststellen: wir Junglehrer*innen lieben unseren Beruf! Umso mehr ärgern uns die vielen Stolpersteine, die uns den Start in unseren Traumberuf unnötig erschweren. Wir haben 31 (Heraus-)Forderungen identifiziert und werden diese wöchentlich bis Ende des Schuljahres veröffentlichen - begleitet mit Tipps und Tricks, um euch in dieser Phase zu unterstützen!
Der Junge BLLV ist die Vertretung von über 18.000 Junglehrkräften, die sich unter dem Dach des BLLV zusammengeschlossen haben. Wir sehen es als unsere Aufgabe, offen und ehrlich Probleme anzusprechen und für bessere Rahmenbedingungen und Regelungen im Referendariat und den ersten Dienstjahren zu kämpfen.
Stolpersteine im Referendariat und beim Berufseinstieg
Der Start ins Lehrerleben ist ein wichtiger Schritt und soll nicht durch unnötige Stolpersteine erschwert werden! Es geht uns keineswegs darum, den (fachlichen) Anspruch, der an uns gestellt wird zu verringern, sondern vielmehr darum, unnötige Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Platz für wichtige Inhalte und Aufgaben zu schaffen. Mit unseren Verbesserungsvorschlägen können wir die Ausbildung sowie die ersten Jahre als Lehrkraft sinnvoller strukturieren so dass der Fokus auf den wichtigen Aspekten liegt, die uns in unserer täglichen Arbeit beschäftigen.
Der Katalog aus 31 Forderungen ist in folgende Themenbereiche unterteilt:
- Fortbildung & Karriere
- Planbarkeit
- Fit für die Praxis
- Stressmanagement
- Transparenz
Die 31 Forderungen in unseren Social Media Kanälen
Diese Forderungen werden uns durch das komplette Schuljahr 2020/21 begleiten. Denn: wir möchten eure Erfahrungen miteinbeziehen, um über die Probleme in unserem (Traum-) Beruf zu sprechen. Aber noch besser: wir möchten euch zeigen, dass wir euch in dieser Phase als Verband unterstützen und euch wertvolle Tipps und Tricks zu den einzelnen Themenbereichen mitgeben. Zeit und Raum für Austausch und Unterstützung ist hier unser Motto!
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Was passiert auf politischer Ebene?
Unfaire oder unsinnige Rahmenbedingen im Referendariat und zu Beginn der Schullaufbahn schrecken angehende Lehrkräfte aller Schularten unnötig ab - das kann auch nicht im Sinne der politisch Verantwortlichen sein! Wir haben bereits jetzt nicht genügend Fach- und Förderlehrkräfte und der Lehrermangel an Grund-, Mittel- und Förderschulen beschäftigt uns seit Jahren. Wir werden unsere Forderungen und Erfahrungen aus erster Hand in Gesprächen mit Politiker*innen einbringen und für eine positive Veränderung kämpfen. Wir fordern die verantwortlichen Politiker*innen aus dem Bereich Bildung und öffentlicher Dienst auf, positive Zeichen für attraktivere Rahmenbedingungen im Referendariat zu setzen!
Wie sind die 31 Forderungen entstanden?
In den vergangenen sechs Monaten haben wir in verschiedenen Gruppen und Formaten Ideen und Herausforderungen aus der Zeit des Referendariats (Prüfungskultur, Praxisschock) sowie des Berufseinstiegs (erste Beurteilung und Probezeit) gesammelt. Während unseres Landesauschusses in Eichstätt haben sich in co-kreativen Workshopphasen die Wände mit bunten Post-It's gefüllt; wir haben Einzelschicksale diskutiert und Pro & Kontra abgewägt. Danach wurden die Themen in verschiedenen Gremien verfeinert und geschärft bis wir am Ziel ankamen. In den gewählten Gremien des Jungen BLLV wurden die 31 Forderungen schlussendlich verabschiedet. Natürlich folgten auch Gespräche innerhalb des Verbandes, um uns beispielsweise in der Abteilung Berufswissenschaft mit den zwei Phasen der Lehrerbildung zu verzahnen. Wir sind stolz darauf, euch dieses Schuljahr jede Woche eine neue Forderung vorzustellen und gemeinsam mit euch moderne Lehrerbildung zu diskutieren!
Die 31 Forderungen des Jungen BLLV
Hier ergänzen wir bis Schuljahresende im Juli 2021 in ca. wöchentlichem Rhythmus eine neue Forderung und weiterführende Infos dazu.
Wir fordern eine Ankündigung des Zeitraums der Unterrichtsbesuche in Form der Kalenderwoche, in der der Besuch stattfindet.
Im Rahmen unserer Beamtenlaufbahn beurteilt zu werden ist logisch und sinnvoll. Ein unnötiger Stolperstein sind aber die Rahmenbedingungen, unter denen diese stattfinden. Dazu zählt für uns der unangekündigte Unterrichtsbesuch nach Abschluss des zweiten Staatsexamens, der eine über Wochen andauernde Stressbelastung mit sich bringt. Oder wie würdest du dich fühlen, wenn jederzeit unankündigter Besuch mit der Erwartung an eine blitzblank-saubere Wohnung, bei dir zuhause auftauchen könnte? Und immerhin geht es hier um unsere weitere Berufslaufbahn! Deshalb fordern wir, dem hohen psychischen Druck durch eine verpflichtende Angabe der Kalenderwoche des Unterrichtsbesuchs entgegenzuwirken!
- Die dienstrechtlichen Grundlagen für Beurteilungen: Infos auf Instagram | Infos auf Facebook ansehen.
- Tipps für den Unterrichtsbesuch: Video auf IGTV ansehen.
Wir fordern, dass der Druck bei (unangekündigten) Unterrichtsbesuchen während der Probezeit, die durch Schulleiter*in und/oder Schulrat zu Zwecken der Beurteilung durchgeführt werden, drastisch abgebaut wird.
Dazu sollen die Anforderungen an die Junglehrkräfte, die Erwartungen von Schulrat/Schulleiter*in sowie die Anforderungen an das vorzulegende Schriftwesen am Schuljahresanfang klar kommunierziert werden.
Beim Unterrichtsbesuch spielt das vorzulegende Schriftwesen eine wichtige Rolle für die Beurteilung. Die Anforderungen dazu unterscheiden sich jedoch oft von Bezirk zu Bezirk bzw. Schule zu Schule sehr stark. Das sorgt bei vielen Junglehrkräften für unnötige Unsicherheit. Daher fordern wir, dass die Anforderungen und Schwerpunkte zu Beginn des Schuljahres an jeder Schule klar und transparent kommuniziert werden (z.B. beim Wochenplan, der Schülerbeobachtung etc.). Damit erhält jede Junglehrkraft die Möglichkeit, sich entsprechend vorzubereiten.
Wir fordern eine einheitliche und für alle Schularten gültige Anzahl an Unterrichtsbesuchen nach dem Referendariat.
Dabei soll für die Lebenszeitverbeamtung nur ein Besuch stattfinden und für die periodische Beurteilung nur zwei, soweit nicht weitere Besuche zur Beratung und Weiterentwicklung notwendig sind.
Die Besuche für die Lebenszeitverbeamtung und periodische Beurteilung sind erfolgt? Dann sehen wir keine Notwendigkeit mehr, den seit dem Studium andauernden Prüfungsmarathon und dem damit einhergehenden Druck durch weitere Besuche zum Zwecke der Beurteilung noch weiter in die Länge zu ziehen! Im Sinne der Transparenz muss der Beurteilende bei Mängel diese und den damit einhergehenden weiteren Besuch klar an die Junglehrkraft kommunizieren.
Wir fordern, dass Klassenleiter*innen bei Unterrichtsbesuchen den Unterricht in ihrer eigenen Klasse (und in einem Fach) unabhängig vom Stundenplan halten dürfen.
Ein wesentlicher Bestandteil der Beurteilung einer Lehrkraft ist das pädagogische Wirken. Das lässt sich am besten bei der eigenen Klasse beurteilen, wo man Rituale, Methoden und Strukturen eingeführt hat. In Klassen, in welchen man lediglich als Fachlehrkraft mit zum Teil nur einer Wochenstunde eingesetzt ist, kann das pädagogische Knowhow nicht ausreichend beurteilt werden. Aus diesem Grund sollten Unterrichtsbesuche zum Zwecke der Beurteilung in der eigenen Klasse stattfinden - in fremden Klassen nur auf Wunsch der Junglehrkraft selbst.
Wir fordern ein für alle Schularten einheitliches, schriftliches Rückmeldeverfahren für gehaltene Unterrichtsvorführungen, welches die individuelle Entwicklung der Referendar*innen in den Fokus nimmt.
Hierbei sollen verbindliche Kriterien wie Kompetenzerwartungen/Ziel/Lernchancen, Planung des Unterrichts, Durchführung des Unterrichts, Lehrerpersönlichkeit, Reflexion des Unterrichts sowie Beratungsschwerpunkte und Rückbezug auf Schwerpunkte der Vorstunden berücksichtigt werden.
Für die persönliche Weiterentwicklung im Referendariat ist ein differenziertes Feedback wichtig. Doch nicht jede Junglehrkraft bekommt dieses Feedback auch schriftlich ausgehändigt. Sich ein mündliches Feedback innerhalb einer Stresssituation so zu merken, dass man langfristig damit weiterarbeiten kann, ist schwer umsetzbar. Eine Verschriftlichung ermöglicht es, sich nach der Unterrichtsvorführung in Ruhe mit dem Feedback auseinanderzusetzen und sich wieder darauf rückbeziehen zu können. Zudem schafft diese schriftliche Feedbackkultur eine größere Transparenz - und somit auch Akzeptanz - für die Entstehung der Seminarnote.
Wir fordern, dass ein für alle gleichermaßen geltender Termin zur offiziellen Bekanntgabe der Prüfungstermine (Anfang Dezember) festgelegt wird.
Aktuell werden Prüfungstermine frühestens drei Wochen im Voraus bekannt gegeben. Durch die individuelle Ankündigung warten Prüflinge wochenlang auf den Brief mit dem Termin. Dies erzeugt unnötig Druck und erschwert die Planbarkeit für weitere anstehende Prüfungen. Durch die geforderte Ankündigung Anfang Dezember hätte jeder Prüfling mehrere Wochen Zeit für die Vorbereitung - egal wann der Prüfungstermin konkret liegt.
Wir fordern einen verpflichtenden zentralen Fortbildungstag zu Beginn der Probezeit an jeder Regierung zum Thema Beurteilung, in dem Bewertungsfelder, Bewertungskriterien, rechtliche Grundlagen und Rechte erläutert werden.
Für viele Junglehrkräfte ist das Themenfeld der Beurteilung bis zur Eröffnung dieser völlig unklar. Welche Tätigkeiten fliessen in die Beurteilung ein? Was sind die Beurteilungskriterien? Ist sie mit dem Dienstalter gekoppelt? All das wird im Referendariat zu wenig thematisiert. Deshalb fordern wir zu Beginn der Probezeit und vor den ersten Unterrichtsbesuchen ein Fortbildungsangebot. Dieser Fortbildungstag soll Informationen zu Inhalt, Ablauf und Auswirkung der Beurteilung beinhalten und die Möglichkeit geben, offene Fragen zu dem Thema zu klären. Junglehrkräfte haben so bessere Möglichkeiten, nach dem Referendariat bzw. dem Vorbereitungszeit Einfluss auf ihre Karriere zu nehmen.
Wir fordern eine qualitative Weiterentwicklung des Mitarbeitergesprächs. Es sollen folgende Punkte verpflichtend vorkommen: Ist-Stand der Lehrkraft; persönliche Entwicklung; Tipps & Hilfestellungen von der Schulleitung
Die aktuelle Vorgabe zu den Inhalten der Mitarbeitergespräche ist sehr wage formuliert. Die Qualität der Gespräche und vor allem, ob es sich dabei um ein konstruktives Gespräch über Stärken und Schwächen handelt, ist aktuell sehr abhängig von der Schulleitung. Um eine größere Transparenz für Junglehrkräfte zu schaffen und ihnen die Chance zu geben, sich weiterzuentwickeln, sollen die angegeben Kriterien ein verpflichtender Bestandteil des Gesprächs sein! Dazu gehört, dass man erfährt, wo der/die Vorgesetzte Verbesserungspotential sieht und konkrete Tipps für die Weiterentwicklung erhält.
Wir fordern, dass Beurteilung und Verwendungseignung voneinander getrennt werden. Die Beurteilung sollte die fachliche und pädagogische Kompetenz einer Lehrkraft im Rahmen der unterrichtlichen Tätigkeit sowie ihr Engangement an der Stammschule beurteilen. Die Verwendungseignung sollte davon unabhängig beuteilen, ob die Lehrkraft für eine Position in der Personalführung oder Weiterbildung geeignet ist.
Sollte eine richtig gute Lehrkraft eine richtig gute Beurteilung bekommen, auch wenn sie sich nicht für eine Funktionsstelle interessiert und sich somit auch nicht für eine Verwendungseignung über die Schule hinaus engagiert? Der Junge BLLV sagt, JA! Denn nicht jede Lehrkraft ist auch unbedingt für eine Führungsposition oder andere Funktionsstelle geeignet oder strebt dies an – wird bei der Beurteilung jedoch benachteiligt, auch wenn er/sie eine ebenso gute Lehrkraft ist. Deshalb fordern wird mehr Fairness durch eine Trennung der engen Verknüpfung zwischen Beurteilung und Verwendungseignung!
Wir fordern die Aufnahme von wichtigen praktischen Inhalten in den Seminarlehrplan, um den Blick auf die späteren Tätigkeitsfelder, die der Beruf der Lehrkraft beinhaltet, zu schärfen.
Praxisschock nach dem Ref - das muss nicht sein! Referendar*innen lernen zwar, Unterrichtsstunden perfekt vorzubereiten, aber viele andere wichtige Dinge für den Berufsalltag fehlen ihnen. Deshalb fordern wir mehr praxisnahe Inhalte im Seminar, um zum Beispiel für Themen wie Bildung & Teilhabe, Schulbegleitung oder Ausflugsorganisation besser vorbereitet zu sein. Damit könnten wir Junglehrkräfte unseren Fokus bei Berufsstart besser auf unsere Schülerinnen und Schüler richten!
Wir fordern eine frühzeitige und transparente Abgabe der Seminarnoten zum Beginn des Prüfungszeitraums und mit der Möglichkeit der Änderung bei besonderen Vorkommnissen. Die Note sollte entsprechend am Ende des Prüfungszeitraums, nach den mündlichen Prüfungen, bekannt gegeben werden.
Der Prozess der Benotung für das 2. Staatsexamen wirkt auf viele Referenar*innen intransparent. Die aktuelle Notengebung erweckt den Eindruck, dass die Seminarnoten der Referendar*innen zu ihrem Nachteil nach den Lehrproben anpasst werden könnten. Dadurch ist die Entstehung der Seminarnoten nicht nachvollziehbar. Die notwendige Transparenz könnte durch eine Ababe der Seminarnotenen vor den Lehrproben sichergestellt werden! Somit wäre die Benotung von Lehrproben, Seminar und mündlicher Prüfungen zeitlich getrennt.
Wir fordern, dass Mittelschullehrkräfte im Fach Englisch nur eingesetzt werden (dürfen), wenn sie das Fach studiert oder die Zusatzqualifikation erworben haben.
Immer wieder werden Mittelschullehrkräfte im Fach Englisch eingesetzt, obwohl sie das Fach weder studiert, noch die Zusatzqualifikation dafür absolviert haben. Viele davon unterrichten dieses Fach nur ungern, da sie selbst das letzte Mal an der Schule Englischunterricht hatten. Richtige Aussprache und Grammatik kann man sich nur schwer nebenbei selbst beibringen, während man Vollzeit unterrichtet.
Dieser Schwierigkeit wird in der Grundschule Rechnung getragen: hier darf Englisch nur unterrichtet werden, wenn man das Fach studiert oder die Zusatzqualifikation absolviert hat. Wir fordern, dass Englischunterricht an der Mittelschule auch nur nach Studium oder Zusatzqualifikation unterrichtet werden muss - außer es ist der ausdrückliche Wunsch der Lehrkraft!
Wir fordern, dass Lehrkräfte erst nach der ersten Beurteilung als Mobile Reserve eingesetzt werden dürfen.
Nach den aktuellen Änderungen werden Junglehrer*innen bereits im ersten Jahr nach der Lebenszeitverbeamtung das erste Mal beurteilt. Jedoch werden viele junge Lehrerinnen und Lehrer nach dem Ende des Referendariats auch versetzt und als Mobile Reserve eingesetzt.
Die erste Beurteilung während des Einsatzes als Mobile Reserve ist besonders herausfordernd, da die Schulleitung sie nicht auf Basis eines vollen Schuljahres beurteilen können.
Aus diesem Grund sollten Junglehrerkräfte zumindest die erste Beurteilung erhalten haben, bevor sie als Mobile Reserve eingesetzt werden können!
Wir fordern, dass die erstellte schriftliche Beurteilung der Lehrprobe dem Prüfling zeitnah in Kopie ausgehändigt & besprochen wird.
Am Tag der ersten Lehrprobe stehen wir alle enorm unter Druck. Sich alle Begründungen und Informationen zur Benotung zu merken, ist in dieser Stressituation kaum machbar. Für viele Referendar*innen entstehen so in den Stunden und Tagen nach der Lehrprobe Fragen.
Nach den aktuellen Prüfungsvorgaben dürfen die Seminarrektor*innen (an GS/MS) die Lehrprobe mit den Prüflingen allerdings nicht nachbesprechen. Somit ist eine große Chance vertan, aus Fehlern lernen und sich verbessern zu können.
Wir fordern daher, dass die schriftliche Beurteilung der Lehrprobe den Referendar*innen zeitnah ausgehändigt wird und mit dem/der Seminarrektor*in detailliert besprochen werden kann, sodass die Prüflinge die Möglichkeit haben, durch die Beratung dazuzulernen und für die nächste Lehrprobe die Chance haben dies umzusetzen.