Krisenintervention

DEMO: Gewaltakte mit Schülern aufarbeiten

Die schrecklichen Folgen und Bilder von Amokläufen können auch auf Unbeteiligte nachhaltig Eindruck machen. Wie man als Lehrkraft solche Krisen zusammen mit seinem Schüler aufarbeitet, erklärt ein Lehrer und Experte im Bereich der Krisenintervention.

Tipps von Johannes Stegmann*

Aufarbeitung im Morgenkreis oder Unterrichtsgespräch

Halbwahrheiten und Gerüchte verbreiten sich auch in der Schule, beispielsweise in den Pausen, rasend! Nutzen Sie als Lehrkraft deshalb möglichst frühzeitig Ihren pädagogischen Spielraum, um Gesprächssituationen zu schaffen. Lassen Sie die Kinder über ihre Eindrücke reden und zeigen Sie ihnen, dass Sie zuhören. Gehen Sie mit Fragen sachlich und ehrlich um. Kein Schüler sollte sich zu einem Gespräch „gezwungen“ fühlen, deshalb stellen Sie die Teilnahme frei.

Gesicherte Informationen sachlich weitergeben

Je sachlicher und ernsthafter die Schüler mit schwierigen Themen konfrontiert werden, desto besser können sie damit umgehen. Verschweigen Sie deshalb keine wichtigen Informationen und verzichten Sie auf Verharmlosung oder Überspitzung. Auch ist es sehr wichtig, „Befürchtungen“ zu weiteren Krisen zu vermeiden, um in den Kindern keine Zukunftsängste zu wecken.

Mit den richtigen Informationen arbeiten

Verhängen Sie keine „Nachrichtensperre“, aber prüfen Sie auch kritisch die Qualität der Medien, mit denen Sie Ihre Schüler informieren. Reißerische Berichte, Bilder von vermummten Polizisten mit Waffen und Internetvideos können nicht nur informieren, sondern auch verstören. Arbeiten Sie bei Bedarf mit den entsprechenden Kontaktbeamten der Polizei zusammen, um zu verdeutlichen, wie die Sicherheitsorgane arbeiten, um Gefährdungen möglichst auszuschließen.

Ihre Schüler brauchen ein Gefühl von Sicherheit und „Alltag“

Die gefährliche Situation wurde beendet und es droht akut keine Gefahr. Das ist eine der wichtigen Aussagen, die Ihre Schüler benötigen und verstehen müssen. Gleichzeitig müssen Sie ehrlich auf die Frage reagieren, ob sich solche Situationen wiederholen können. Genauso wenig wie die Aussage, dass eine „Spritze nicht weh tut“, werden Ihre Schüler Ihnen eine Verharmlosung glauben.

Niemand wird allein gelassen

Erklären Sie Ihren Schülern, dass zu Schaden gekommen Menschen so gut wie möglich durch Ersthelfer, Rettungsdienste und Ärzte versorgt wurden und werden. Erzählen Sie von den vielen Menschen, die unterstützt haben, durch Erste Hilfe, durch „offene Türen“ für Schutzsuchende, durch gegenseitigen Trost. Zeigen Sie auf, dass so vielen Menschen rechtzeitig geholfen wurde. Verweisen Sie gerne auch darauf, dass auch Kinder schon wichtige Maßnahmen der Ersten Hilfe (Trösten, Notruf, Verbände) richtig anwenden können und so wichtige Helfer sein können.

Zeigen Sie Gefühle

Ihre Schüler kennen Sie und merken schnell, ob Sie Ihnen etwas „vorspielen“. Sprechen Sie also durchaus auch aus, wenn Sie selbst traurig und bestürzt sind. Ihre Schüler werden diese „Menschlichkeit“ honorieren. Mit der Krise umgehen Ermöglichen Sie Ihren Schülern, etwas zu tun. Das kann die Kerze sein, die man im Klassenzimmer gemeinsam anzündet, das kann aber auch das Schreiben von Briefen oder das Malen von Bildern sein, mit dem Ihre Schüler etwas zur Verarbeitung aktiv tun.

Aufmerksam sein

Sie kennen Ihre Schüler und können einschätzen, ob sich diese in ihrem Verhalten oder in ihren Äußerungen verändern. Informieren Sie in diesem Falle frühzeitig die Eltern und stimmen sich mit diesen ab, um bei Bedarf gemeinsam professionelle Hilfe für das Kind auf den Weg zu bringen.

 

*BLLV-Mitglied Johannes Stegmann (37) ist Mittelschullehrer in Mittelfranken und seit vielen Jahren im Bayerischen Roten Kreuz als Leitungs- und Führungskraft sowie als Ausbilder tätig. Seit 2002 beschäftigt er sich mit dem Bereich Krisenintervention und Krisenvorsorge, auch und gerade im Bereich Schule.