Stimme schonen: Wie bekomme ich Aufmerksamkeit ohne Schreien?

Viele Lehrkräfte sind schon mit Anfang Fünfzig berufsunfähig, weil ihre Stimmbänder kaputt sind. In Klassenzimmern herrscht ein Lärmpegel von 85 Dezibel, normal sind 65. Zu wissen, wie man laut werden kann, ohne seine Stimme zu ruinieren ist für den Lehrkräfteberuf essenziell, wird aber an den wenigsten Unis gelehrt. Barbara Wölfl gibt Seminare beim BLLV und weiß, wie das geht: Rufen statt Schreien.

Wie geht das: Mühelos Schreien

Wer auch noch bis in die letzten Schulreihen durchdringen will, dem entfährt oft ein hohes „Hey“, das im Kehlkopf erzeugt wird. Um die Stimme zu schonen ist aber ein bassiges, tiefes „Hey“ viel besser. Sie ist auch viel besser geeignet, um den ganzen Raum zu durchdringen. Ziel ist es, nicht zu schreien, sondern zu rufen. Der Unterschied: Wer schreit, erzeugt den Laut im Kehlkopf, wer ruft verwendet sein Zwerchfell. Wo das ist kann man am besten herausfinden, wenn man eine Hand direkt über den Bauchnabel legt und - nicht lachen -  hechelt wie ein Hund. Wer jetzt die Hand leicht nach innen presst, spürt etwas Ruckartiges: Das ist das Zwerchfell.

Was gibt es für Alternativen zum Schreien?

Am besten ist es, schon in der ersten Stunde mit einer Klasse ein Alternativprogramm zum Schreien anzubieten und das dann auch konsequent durchzuziehen. Ob es lautes Fußstampfen ist oder eine Klangschale, eine Pfeife - das ist jedem selbst überlassen. Wichtig ist nur, dem ersten Impuls, zu schreien, um für Ruhe zu sorgen nicht nachzugeben und über andere Möglichkeiten nachzudenken. Oft wird das genaue Gegenteil - Flüstern - mit der gleichen Aufmerksamkeit belohnt. Wobei Flüstern auch gelernt sein will, damit es stimmschonend wirkt.

Wie pflege ich meine Stimme richtig?

  • Vor der Schule: am Morgen muss die Stimme aufgewärmt werden. Dazu gibt es viele lustige Übungen. Etwa ein stimmhaftes Gähnen: „Uahhhhh“, wie im Comic. Oder aber ein leichtes Summen auf M, am besten zu einer kleinen Melodie. Auch leichte, körperliche Lockerungsübungen sind wichtig. Mal die Schulter kreisen lassen, kurz den Nacken dehnen. Nur dann ist die Stimme frei.

  • In der Klasse: es ist wichtig, immer genügend zu trinken. Mehrmals in einer Schulstunde einen Schluck Wasser oder milden Kräutertee wäre ideal. Milch oder säurehaltige Getränke wie Säfte sollten eher vermieden werden. Auch Lutschbonbons wie Islamoos oder Gelorevoice helfen, die Stimmbänder befeuchtet zu lassen. Das Trinken können sie aber nicht ersetzen.

  • Nach der Schule: den ganzen Tag vor der Klasse zu stehen ist für jede Stimme eine extreme Belastung, vor allem in der Grundschule. Den Stimmbändern sollte deshalb etwa eine Stunde Ruhe gegönnt werden, wenn der Schultag vorbei ist. Also nicht sofort in die laute Kneipe oder stundenlange Telefonate führen.

Was passiert, wenn ich nicht auf meine Stimme achte?

Lehrkräfte, die kein professionelles Stimmtraining gemacht haben, haben oft regelmäßige Kehlkopfentzündungen, die zur völligen Stimmlosigkeit führen und so genannte Stimmlippenknötchen. Dabei verdicken sich die Stimmbänder im Mittelteil und können sich nicht mehr richtig schließen. Die Folge: dauernde Heiserkeit, die Stimme kann kaum mehr gesteigert werden. Wer so weit ist, benötigt eine ärztlich verordnete Stimmtherapie durch den Logopäden von bis zu einem halben Jahr oder länger. Manche können während dieser Zeit überhaupt nicht mehr unterrichten.

Alles, was noch für deinen Start ins Referendariat hilfreich ist: